Sowohl US-Museen als auch der Markt bilden keine Diversität ab

Der Burns-Halperin-Bericht 2022 wurde im Dezember veröffentlicht. [Ein Einblick von Jana Noritsch]
Der Report zeigt, wie stark rassistisch, sexistisch die Ankäufe US-amerikanischer Museen leider noch immer sind. Die international anerkannte Datenstudie zur Untersuchung der Gerechtigkeit in US-Kunstmuseen und dem globalen Markt, die in Zusammenarbeit mit Julia Halperin und artnet News erstellt wurde, ist hier einzusehen https://news.artnet.com/art-world/letter-from-the-editors-introducing-the-2022-burns-halperin-report-2227445

Die Häuser sind teilweise selbst schockiert: Zwischen 2008 und 2020 entfielen nur 11 Prozent der Ankäufe in US-Museen auf Arbeiten von Künstlerinnen.

Folgende Daten wurden erfasst:
Ankäufe US-amerikanischer Museum (31 mit jeweils unterschiedlichen Jahresbudgets von weniger als 10 Millionen US-Dollar bis zu mehr als 100 Millionen US-Dollar) – insgesamt fast 350.000 Objekte – und Ausstellungen (fast 6.000) sowie Auktionsergebnisse über mehr als ein Jahrzehnt und Daten führender Galerien zu Repräsentation und Verkauf (seit 2008).

Anteilig zur US-Bevölkerung kommen die untersuchten drei Gruppen auf

> Schwarze* bzw. afroamerikanische Künstlerinnen (PoC) 0,5% (Anteil Bevölkerung: 6,6%)
> Schwarze bzw. afroamerikanische Künstler (PoC) 2,2% (Anteil Bevölkerung: 13,5%)
> Frauen 11% (Anteil Bevölkerung: 50,5%)

Der Zweitmarkt hat sich in den letzten Jahren zwar verändert, steht jedoch nicht besser da:

Kunst von Frauen macht zwischen 2008 und Mitte 2022 3,3 Prozent der weltweiten Auktionsverkäufe aus (6,2 Milliarden US-Dollar der Gesamtausgaben von 187 Milliarden US-Dollar), während Kunst von Schwarzen bzw. afroamerikanischen Künstlern 1,9 Prozent (3,6 Milliarden US-Dollar) ausmacht und von Schwarzen bzw. afroamerikanischen Künstlerinnen nur 0,1 Prozent (204,3 Millionen US-Dollar).
Der Zuwachs auf dem Gesamtmarkt für Kunstauktionen zwischen 2008 und 2021 machte rund 30 Prozent aus – und hierin wuchs in 2021 der Markt für Werke von Künstlerinnen um fast 175 Prozent, der Markt für Werke von afroamerikanischen Künstlern wuchs um fast 400 Prozent, und der Markt für Arbeiten von afroamerikanischen Künstlerinnen wuchs um mehr als 700 Prozent. Was enorm beeindruckend klingt, stellt in Wirklichkeit eine Marktpräsenz mit insgesamt 1,5 Milliarden Dollar der 15,9 Milliarden Dollar dar, die in diesem Jahr für Kunstauktionen ausgegeben wurden.

Immerhin der Zenit seit dieser Datenerfassung, denn der Marktanteil afroamerikanischer Künstlerinnen bspw. ging von vier Prozent im Jahr 2021 auf drei Prozent bis Mitte 2022 schon wieder zurück.

Da nun dazu das Buch von Katy Hessel in aller Munde – und ein wichtiger Beitrag – ist, bleibt abzuwarten, inwieweit öffentliche und private Sammlungen ihr Kaufverhalten reflektieren und neu ausrichten.
Auch in Deutschland werden vielerorts stets die gleichen (zehn?) Künstlerinnen getragen. Obgleich zahlreiche weitere weibliche künstlerische Positionen beachtenswert sind, auch als Wertespeicher (sofern Kunstwerke dies sein sollen).

Welche Beobachtungen machen Sie?

Credits: Datenauswertung und Bilder: Burns Halperin Report 2022 und Artnet Analytics. Grafik von Nehema Kariuki. Link (Englisch): https://news.artnet.com/art-world/letter-from-the-editors-introducing-the-2022-burns-halperin-report-2227445

PS.: Leider hat das Verborgene Museum in Berlin vor einem Jahr seine wertvolle Tätigkeit aufgegeben, aber seinen Bestand zugunsten weiterer Forschungen zumindest der Berlinischen Galerie übergeben können https://www.dasverborgenemuseum.de/das-museum | https://berlinischegalerie.de/beitrag/festakt-das-verborgene-museum/

PPS.: Die ZEIT hatte 2015 eine kleine Reihe zu vergessenen Künstlerinnen = verkannten Genies, bspw. Hal Busse, aufgelegt: „Und die Männer schauten skeptischhttps://www.zeit.de/2015/02/hal-busse-kunst-nagelbilder Jörg Scheller 08.01.2015 (Einsicht in den Artikel bietet das Hamburger Nachlassarchiv der Künstlerin Hal Busse Kontakt wvz-hal-busse@ kunstarchiv.net)

*Antirassistische Sprache: Glossar https://www.uni-hamburg.de/gleichstellung/download/antirassistische-sprache.pdf

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